Die dentale Implantologie beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der optimalen Vorbereitung des bevorstehenden chirurgischen Eingriffs. Trotzdem gibt es immer wieder Herausforderungen, die in der Planung nicht vorhergesehen waren. Um dem Implantologen zusätzliche Sicherheit beim Implantieren zu bieten, sind immer öfter sogenannte Individual Surgical Models im Einsatz.
Diese Modelle enstehen auf der Basis eines DICOM Datensatzes des zu behandelnden Patienten. Die Daten werden in der Regel mit Hilfe einer DVT generiert, mehrmals bearbeitet und dann 3 D gedruckt.
Im fertigen Modell sind die entscheidenden Strukturen wie Spongiosa, Canalis alveolaris inferior und dessen Ramus frontalis, Canalis incisivus, Sulcus arteriae palatina major, Foramen mentale, Transossäre canali, Sinus maxillaris etc. mit hoher Genauigkeit wiedergegeben.
Nicht nur für den implantologischen Einsteiger sind Probe-OP’s an diesen Modellen interessant.
Indizes: Sofortimplantat, CAD/CAM, 3D- Drucker
Ausgangssituation: Eine 52-jährige Patientin stellte sich mit Schmerzen an 15 bei uns vor. Im Rahmen der Schmerzdiagnostik wurde eine DVT-Aufnahme angefertigt. Dabei zeigte sich eine Längsfraktur am zuvor wurzelstiftbehandelten Zahn 15. Nach entsprechender Aufklärung entschied sich die Patientin für eine Sofortimplantation.
Behandlungsplanung/ Modell-OP: Der bestehende DVT-Scan wurde benützt um ein originalgetreues Modell des zukünftigen OP-Gebietes zu drucken
Dabei wurde der Zahn 15 virtuell entfernt.
Im Modell sieht man also die zukünftige Alveole post extractionem.
Die vestibuläre Lamelle zeigte im crestalen Anteil eine Stärke von 1mm. Im weiter apical liegenden Anteil waren es nur noch 0,2 mm! Bei der Probe-OP am Modell wurde zuerst die knöcherne Wölbung im Bereich der mesialen Alveolenwand entfernt,
um eine optimalere Implantatachse zu ermöglichen. Danach wurde 2 mm palatinal des tiefsten Punktes der Alveole die Compacta mit einem Pilotbohrer eröffnet.
2,3 mm weiter erreichte man den KH-Boden. Dieser wurde mit einem 2mm Keramikbohrer ausgedünnt und letzlich mit einem Osteotom im Sinne eines internen Sinuslifts durchstoßen.
Mit Hilfe von Fingerspreadern erweiterten wir die Cavität.
Bei der Aufbereitung ließ sich ein Sideshift nach vestibulär beobacheten, da die pal Alveolenwand ein Vordringen der chir. Instrumente ( in diesem Fall Bohrer, Osteotome und Fingerspreader) Richtung pal verhindert. Das Zentrum der zukünftigen Fixtur wandert also mit jedem Aufbereitungsschritt weiter nach vestibulär. Danach wurde eine Fixtur 10 mm mal 4,0 mm gesetzt.
Chirurgische Behandlung: Nach der Extraktion des Zahnes 15 fanden wir einen knöchernen OP-Situs vor, der zu unserem Modell identisch erschien.
Auch hier wurde zuerst die knöcherne Wölbung im Bereich der mesialen Alveolenwand entfernt, um eine optimalere Implantatachse zu ermöglichen. Danach wurde 2mm palatinal des tiefsten Punktes die Compacta mit einem Pilotbohrer eröffnet. Im Unterschied zum Modell erfolgte der interne Lift ausschliesslich mit Hilfe von Osteotomen. Hier war der knöcherne KH-Boden deutlich labiler als am Modell. Mit Hilfe von Fingerspreadern erweiterten wir die Cavität (nach erfolgtem Sinuslift). Als Augmentationsmaterial diente eine osteokonduktive Knochenersatzmatrix auf Basis von Hydroxylapatit, Calciumphosphat und azellulärem Kollagen vom Schwein. Wie am Modell setzten wir eine Fixtur 4,0mm mal 10 mm. Auch hier war der vestibuläre Sideshift nachzuvollziehen. Die Primärstabilität war 35ncm. Der verbliebene jumping gap von 2mm wurde ebenfalls mit o.g. Augmentationsmaterial locker gefüllt.
Fazit: Die Probe-OP am individual surgical Model vereinfacht den chirurgischen Eingriff. Vor Allem die 3-dimensionale Orientierung im OP-Situs gelingt sicherer und schneller. Allerdings sind die 3-D-gedrucktem Modelle deutlich härter und spröder als ihre Originale. Somit bleibt die Kalkulierbarkeit der Primärstabilität weiterhin suboptimal. Auch zur Vorbereitung einer Sofortimplantation können sehr originalgetreue Modelle erstellt werden, obwohl die Extraktion am Tag der DVT noch nicht erfolgt ist. Wichtig sind dabei eine schonende Extraktionstechnik und eine streustrahlungsarme DVT.
Über den Autor: 1994 Abitur 2000 Staatsexamen 2001 Promotion seit 2002 Implantologisch tätig 2006 Titel Master Of Oral Medicine In Implantology 2006 Gründung der Gemeinschaftspraxis ,,Zahnheilkunde Mühlesgässle“mit Dr. Steffen Ecker seit 2011 Referent für Implantologie im In- und Ausland 2012 Gründung der Knorrconcept GmbH 2017 Patenterteilung: Verfahren zur Ermittlung digitaler Datensätze für die Herstellung von Zahnersatz